Professor Dr. Dr. h.c. Hans Köchler Institut für Philosophie der Universität
Innsbruck
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(I) Vorlesung: Evolutionäre Erkenntnistheorie (II) Privatissimum: Der Philosoph als Scharlatan? Der späte Heidegger und die "Postmoderne" (III) Dissertantenseminar |
EVOLUTIONÄRE ERKENNTNISTHEORIE Beschreibung: Die Vorlesung gibt einen Überblick über das evolutionstheoretische Paradigma in der Erkenntnistheorie und versucht, die "evolutionäre Erkenntnistheorie" des 20. Jahrhunderts auf dem Hintergrund der Transzendentalphilosophie Immanuel Kants zu interpretieren. Die Theorieansätze und Kontroversen im Zusammenhang mit den Thesen von Konrad Lorenz über die biologische Natur apriorischer Erkenntnisstrukturen werden in ihren Auswirkungen auf die gegenwärtige Philosophie wie auf das Selbstverständnis des modernen Menschen behandelt. Abschließend wird auf die ethischen Implikationen einer "Naturalisierung" der Vernunft eingegangen. Die Lehrveranstaltung behandelt u.a. folgende Einzelthemen: Der transzendentalphilosophische Ansatz der Erkenntnistheorie bei Immanuel Kant Die Entwicklung des evolutionären Denkmotives ab dem Ende des 19. Jahrhunderts Die "Naturalisierung" der Vernunft durch die Biologie: Auswirkungen auf die Theorie der Reflexivität Das Problem der Reduktion des kantischen Apriori auf naturgeschichtliche Prozesse Mißverständnis des kantischen Begriffes des "Dinges an sich" in der evolutionären Erkenntnistheorie? Mögliche erkenntnistheoretische Widersprüche des evolutionären Ansatzes: das Problem der zirkulären Argumentation Die Konfrontation mit dem Weltbild des Kreationismus Implikationen für das Leib-Seele-Problem: Dualismus versus Monismus Die Realismus-Idealismus-Kontroverse im Lichte der evolutionären Erkenntnistheorie: Neubewertung des (ontologischen) Idealismus? Literatur: Eine ausführliche Liste mit Literaturhinweisen ist zu Semesterbeginn im Sekretariat des Institutes für Philosophie erhältlich. Literatur (Auswahl):
Modus: Beginn: 13. März 2007. Lehrveranstaltung für Hörer aller Fakultäten. |
DER PHILOSOPH ALS SCHARLATAN? DER SPÄTE HEIDEGGER UND DIE "POSTMODERNE" Gemeinsam mit Dr. Andreas Oberprantacher
"Für das Erfahren des Seienden und die Bergung seiner Wahrheit ist der 'Entwurf' nur das Vorläufige, was alsdann übergangen wird im Fortgehen zu dem, was im Entwurfsbereich erbaubar und verwahrbar wird und als Verwahrung das Siegel des Seyns empfängt. ... Hier ist der Entwurf nichts, was gleichsam nur 'über' das Seiende gelegt, keine 'Perspektive', die ihm nur angetragen wird. Denn jede Per-spektive nimmt schon das Durchgängige für ihre Blickbahn in Anspruch. Und eben dies, dass zuvor und alles entscheidend ein Durchriß das sprengt, was dann erst ins Offene als ein 'Seiendes' sich kündet, daß eine Irrnis lichtend alles in sich reißt zur Möglichkeit des Wahren, dies ist es, was der denkerische Entwurf des Seyns zu vollbringen hat. 'Vollbringen'? Gewiß, aber kein Machen und kein Er-sinnen nach der Bedeutung eines ungebundenen Ausdenkens." (Martin Heidegger, Beiträge zur Philosophie, Hrsg. F.-W. von Herrmann, 1989, "Das Seyn", Text Nr. 262) "We can clearly see that there is no bi-univocal correspondence between linear signifying links or archi-writing, depending on the author, and this multireferential, multidimensional machinic catalysis. The symmetry of scale, the transversality, the pathic non-discursive character of their expansion: all these dimensions remove us from the logic of the excluded middle and reinforce us in our dismissal of the ontological binarism we criticized previously. A machine assemblage, through its diverse components, extracts its consistency by crossing ontological thresholds, non-linear thresholds of irreversibility, ontological and phylogenetic thresholds, creative thresholds of heterogenesis and autopoiesis. The notion of scale needs to be expanded to consider fractal symmetries in ontological terms." (Félix Guattari, 1995, zitiert in Sokal/Bricmont, 1997)
Beschreibung: Martin Heidegger hat - grundsätzlich wie wohl kein anderer im 20. Jahrhundert - das Selbstverständnis der abendländischen Philosophie hinterfragt. Seinen eigenen "subjektivistischen" Ansatz in "Sein und Zeit" radikal uminterpretierend, hat er mit seinem "Denken des Seins" den Boden rationalen Argumentierens jedoch sukzessive verlassen, ja dem philosophischen Obskurantismus Vorschub geleistet. Seine "Verwindung" der Metaphysik und seine Kritik am Subjekt sind zur Grundlage des sog. "postmodernen" Denkens geworden. Mit dem als "Dekonstruktion" umgesetzten Programm einer "Destruktion" der Metaphysik hat sich die Wirkungsgeschichte des Heideggerschen Denkens mehr und mehr in die Richtung der von ihm selbst ursprünglich äußerst skeptisch betrachteten metaphysischen Spekulation und beliebigen Räsonierens entwickelt. Der Jargon der späten Heideggerschen Schriften war offenbar stilbildend für die postmoderne Literatur in Frankreich. Zunächst sollen ausgewählte Texte des "Heidegger nach der Kehre" (z. B. Zeit und Sein, 1962, in: Zur Sache des Denkens, S. 1ff; Der "Entwurf" des Seyns und das Seyn als Entwurf, in: Beiträge zur Philosophie [Vom Ereignis], S. 446ff) im Hinblick auf eine rekonstruierbare (sic!) philosophische Argumentation gelesen werden. Im Anschluß daran sollen, so weit es die Zeit zulässt, exemplarisch postmoderne Texte (z.B. von Derrida, Lacan, Guattari, Virilio) analysiert werden. Der Scherzartikel von Alan Sokal (Transgressing the Boundaries: Towards a Transformative Hermeneutics of Quantum Gravity, 1996) und die durch dessen Publikation ausgelöste Kontroverse über Philosophie und Wissenschaft sollen eigens behandelt werden. Zur Illustration der Problematik soll insbesondere die von Alan Sokal und Jean Bricmont vorgelegte Dokumentation "postmoderner" Argumentationsmuster (Impostures Intellectuelles / Fashionable Nonsense, 1997) sowie ein Kommentar von Noam Chomsky (1995) dienen. Das latent "postmoderne" Wissenschaftsverständnis von Paul Feyerabend kann zur besseren ideengeschichtlichen Einordnung des Phänomens ebenfalls herangezogen werden.
Modus: Gemeinsame Textinterpretation und Referate mit schriftlicher Arbeit, welche vor Semesterende abzugeben ist. Von den Teilnehmern können zusätzliche, hier nicht angeführte inhaltliche Aspekte und Texte eingebracht werden. Das endgültige Programm (Auswahl der zu interpretierenden Literatur, Themen der Referate und schriftlichen Arbeiten, etc.) wird in der Vorbesprechung erarbeitet. Eine Teilnahme ist nur im Zusammenhang mit der Verfassung einer schriftlichen Arbeit möglich. Für die Benotung wird neben der schriftlichen Arbeit das Referat und die Diskussionsteilnahme herangezogen. Gute Englischkenntnisse sind Voraussetzung für eine Teilnahme. Französischkenntnisse erwünscht. Koordination: Andreas Oberprantacher Vorbesprechung: 13. März 2007. Persönliche Anmeldung erforderlich. |
DISSERTANTENSEMINAR
Beschreibung: Lehrveranstaltung gemäß Studienplan für alle Studenten, die eine Dissertation am Institut für Philosophie übernommen haben. Modus: Die Teilnehmer sind aufgefordert, ein Exposé ihrer Dissertation zu präsentieren und dieses in einer anschließenden Diskussion im Kollegenkreis näher zu erläutern. Für jede Präsentation ist ein Thesenblatt vorzubereiten.
Vorbesprechung: 13. März 2007 am Institut für Philosophie (Dienstzimmer Prof. Köchler).
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