Professor Dr. DDr. h.c. Hans Köchler

Institut für Philosophie der Universität Innsbruck
 

Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2014

http://hanskoechler.com/

hans.koechler@uibk.ac.at

(I) Vorlesung: Das Problem des Idealismus in der abendländischen Philosophie

(II) Seminar: Philosophische Fragen von Medizin und Psychiatrie

(III) Privatissimum: Recht und Gewalt / Law and Violence


Vorlesung, Dienstag, 13.45-15.15 Uhr, Hörsaal 7, Innrain 52B (Gebäude der Geisteswissenschaften)

DAS PROBLEM DES IDEALISMUS IN DER ABENDLÄNDISCHEN PHILOSOPHIE

Beschreibung:

Die Vorlesung behandelt die erkenntnistheoretischen, weltanschaulichen und psychologischen Wurzeln des Idealismus als einer philosophischen Position. An eine begriffliche Klärung des Terminus "Idealismus" schließt sich die Darstellung der geistesgeschichtlichen Ausformung und Wirksamkeit idealistischer Systeme seit der Philosophie Platons. Dabei wird insbesondere der ontologische Idealismus (in den verschiedenen Ausprägungen v. a. des Deutschen Idealismus) vom transzendentalen (erkenntnistheoretischen) Idealismus abgegrenzt, wie ihn Immanuel Kant vertreten hat. Die Vorlesung beschäftigt sich weiters mit idealistischen Strömungen in der Gegenwartsphilosophie - insbesondere in der von Edmund Husserl begründeten phänomenologischen Richtung, aber auch in der Sozialphilosophie, der politischen Philosophie und in Einzelwissenschaften wie der Biologie. Dabei wird auch auf die am Idealismus seitens der Evolutionsbiologie geäußerte Kritik eingegangen.

Im zweiten Teil der Vorlesung wird die idealistische Problematik im Zusammenhang mit dem Leib-Seele-Problem erörtert und der Frage nachgegangen, inwiefern ein ontologischer Dualismus (wie er den "kritischen Realismus" im Sinne der kantischen Position charakterisiert) der erkenntnistheoretischen Problematik eher gerecht wird als ein idealistischer Monismus. Die realistische Gegenposition zum ontologischen Idealismus soll anhand einer exemplarischen Analyse der ontologischen Systematik bei Martin Heidegger, Max Scheler und Nicolai Hartmann herausgearbeitet werden. Zusätzlich soll - exemplarisch anhand der Systeme von Platon und Hegel - untersucht werden, ob es eine Affinität von Positionen des ontologischen Idealismus zu dogmatischen Haltungen im Bereich der Staatslehre gibt. In diesem Zusammenhang soll die Doktrin der "Repräsentation", wie sie auch die moderne Staatslehre bestimmt, einer kritischen Prüfung unterzogen werden.

 

Literatur (Auswahl):

  • Eben Alexander, Proof of Heaven: A Neurosurgeon's Journey into the Afterlife. New York/London/Toronto/Sydney/New Delhi 2012.

  • Henry E. Allison, Kant's Transcendental Idealism. An Interpretation and Defense. New Haven, Conn. u.a. 1983.

  • Henry E. Allison, Idealism and Freedom: Essays on Kant's Theoretical and Practical Philosophy. Cambridge/New York 1996.

  • Roger Bauer, Der Idealismus und seine Gegner in Österreich. Paris 1966. (Phil. Diss.)

  • Werner Beierwaltes, Platonismus und Idealismus. Frankfurt a.M. 2. Aufl. 2004.

  • Jonas Cohn, Relativität und Idealismus, in: Kant-Studien, Bd. 21, Heft 2/3 (1916), S. 222-269.

  • Jeremy Dunham, Iain Hamilton Grant, Sean Watson, Idealism: The History of a Philosophy. Durham (England) 2011.

  • John C. Eccles, Wahrheit und Wirklichkeit. Mensch und Wissenschaft. Berlin/Heidelberg/New York 1975.

  • Heinz Eidam, Kausalität aus Freiheit: Kant und der Deutsche Idealismus. Würzburg 2007.

  • Manfred Frank, Auswege aus dem deutschen Idealismus. Frankfurt a.M. 2011. (Suhrkamp-Taschenbücher Wissenschaft 1851.)

  • Markus Gabriel, Skeptizismus und Idealismus in der Antike. Frankfurt a.M. 2009. (Suhrkamp-Taschenbücher Wissenschaft 1919.)

  • Arnold Gehlen, Idealismus und Existentialphilosophie. Leipzig 1933.

  • Paul Gorner, German Idealism. Oxford 2003.

  • Ute Guzzoni, Bernhard Rang, Ludwig Siep (Hrsg.), Der Idealismus und seine Gegenwart. Festschrift für Werner Marx zum 65. Geburtstag. Hamburg 1976.

  • Karl Heinz Haag, Philosophischer Idealismus: Untersuchungen zur Hegelschen Dialektik mit Beispielen aus der Wissenschaft der Logik. Frankfurt a.M. 1967.

  • Nicolai Hartmann, Die Philosophie des Deutschen Idealismus. I. Teil: Fichte, Schelling und die Romantik. Berlin/Leipzig 1923.

  • Nicolai Hartmann, Zum Problem der Realitätsgegebenheit. Berlin 1931.

  • Justus Hartnack, From Radical Empiricism to Absolute Idealism. Lewiston (NY) 1986. (Studies in the History of Philosophy, Bd. 1.)

  • Dieter Henrich, Between Kant and Hegel: Lectures on German Idealism. Hrsg. David S. Pacini. Cambridge, Mass. u.a. 2003.

  • Vittorio Hösle, Philosophiegeschichte und objektiver Idealismus. München 1996.

  • Edmund Husserl, Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie. Bd. I, Den Haag 1950; Bd. II/III, Den Haag 1952.

  • Edmund Husserl, Cartesianische Meditationen. Ed. Elisabeth Ströker. Hamburg 1977.

  • Edmund Husserl, Transzendentaler Idealismus. Texte aus dem Nachlass (1908-1921). Hrsg. Robin D. Rollinger in Verbindung mit Rochus Sowa. Dordrecht/Boston 2003.

  • Roman Ingarden, Bemerkungen zum Problem „Idealismus - Realismus“, in: Edmund Husserl (1859-1959). Recueil commémoratif publié à l'occasion du centenaire de la naissance du philosophe. Den Haag 1959.

  • Roman Ingarden, Der Streit um die Existenz der Welt. Bd. I, Tübingen 1964; Bd. II/1, II/2, Tübingen 1965.

  • Friedrich Jodl, Kritik des Idealismus (1920). Hrsg. Carl Siegel. (Nachdruck) Saarbrücken 2007.

  • Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, 2. Aufl.: Kants Werke, Akademie‑Ausgabe, Bd. III. Berlin 1968 (Nachdruck).

  • Walter Kinkel, Idealismus und Realismus: Eine Einführung in ihr Wesen und in ihre kulturgeschichtliche Entwicklung. Göttingen 21920.

  • Hans-Dieter Klein, Philosophischer Idealismus und Nationalsozialismus, in: Kurt Rudolf Fischer und Franz M. Wimmer (Hrsg.), Der geistige Anschluß: Philosophie und Politik an der Universität Wien 1930 - 1950. Wien 1993, S. 36-52.

  • Hans Köchler, Die Subjekt-Objekt-Dialektik in der transzendentalen Phänomenologie. Das Seinsproblem zwischen Idealismus und Realismus. Meisenheim a. G. 1974. 

  • Hans Köchler, Das apriorische Moment der Subjekt-Objekt-Dialektik in der transzendentalen Phänomenologie, in: Zeitschrift für philosophische Forschung, Bd. 29 (1975), S. 206-217. 

  • Hans Köchler, The Relativity of the Soul and the Absolute State of the Pure Ego, in: Analecta Husserliana, Bd. 16 (1983), S. 95-107.

  • Hans Köchler, Das Leib‑Seele‑Problem in der transzendentalen Phänomenologie, in: Roderick M. Chisholm (ed.), Philosophie des Geistes – Philosophie der Psychologie. Akten des 9. Internationalen Wittgenstein‑Symposiums. Wien 1985, S. 285‑290.

  • Hans Köchler, Die Repräsentationslehre. Zum Problem des Idealismus in der politischen Theorie, in: Hans Köchler, Philosophie - Recht - Politik. Abhandlungen zur politischen und zur Rechtsphilosophie. Wien/New York 1985, S. 27-45.

  • Hans Köchler, Phenomenological Realism. Selected Essays. Frankfurt a.M./Bern/New York 1986. 

  • Hans Köchler, Husserls transzendentaler Idealismus und Brentanos Erkenntnistheorie. Zum Stellenwert des Evidenzbegriffes im idealistischen System der Phänomenologie, in: Angelica Bäumer/Michael Benedikt (Hrsg.), Gelehrtenrepublik - Lebenswelt. Edmund Husserl und Alfred Schütz in der Krisis der phänomenologischen Bewegung. Wien 1993, S. 93-110.

  • Gerhard Leibholz, Das Wesen der Repräsentation und der Gestaltwandel der Demokratie im 20. Jahrhundert. Berlin 3. Aufl. 1966.

  • Konrad Lorenz, Die Rückseite des Spiegels. Versuch einer Naturgeschichte menschlichen Erkennens. München 2. Aufl. 1979.

  • Werner Marx, Die Bestimmung der Philosophie im Deutschen Idealismus. Stuttgart 1964.

  • Sam Parnia with Josh Young, Erasing Death: The Science that is Rewriting the Boundaries between Life and Death. New York 2013.

  • Walter Patt, Transzendentaler Idealismus. Kants Lehre von der Subjektivität der Anschauung in der Dissertation von 1770 und in der "Kritik der reinen Vernunft". Diss. phil. Bonn 1985. (Kant‑Studien/Ergänzungshefte, Bd. 120.)

  • Robert B. Pippin, Die Verwirklichung der Freiheit. Der Idealismus als Diskurs der Moderne. Frankfurt a.M. u.a. 2005.

  • Giacomo Rinaldi, Absoluter Idealismus und zeitgenössische Philosophie: Bedeutung und Aktualität von Hegels Denken / Absolute Idealism and Contemporary Philosophy: Meaning and Up-to-dateness of Hegel's Thought. Frankfurt a.M./New York 2012.

  •  Max Scheler, Idealismus - Realismus, in: Philosophischer Anzeiger II/3 (1927/28), S. 255-324.

  • Gerhard Schmidt, Subjektivität und Sein: Zur Ontologizität des Ich. (Abhandlungen zur Philosophie, Psychologie und Pädagogik, Bd. 144.) Bonn 1979.

  • Dennis Schulting und Jacco Verburgt (Hrsg.), Kant's Idealism: New Interpretations of a Controversial Doctrine. (The New Synthese Historical Library.) Dordrecht/Heidelberg/London/New York 2011.

  • Josef Seifert, Das Leib-Seele-Problem in der gegenwärtigen philosophischen Diskussion. Eine kritische Analyse. Darmstadt 1979.

  • Ernst Steckelmacher, Der transzendentale und der empirische Idealismus bei Kant. Diss. Univ. Erlangen 1904.

  • Anna-Teresa Tymieniecka (Hrsg.), Does the World Exist? Plurisignificant Deciphering of Reality. Analecta Husserliana, Bd. 79. Dordrecht u.a. 2003.

  • Dorothea Wildenburg, Ist der Existentialismus ein kritischer Idealismus? Fichte und Sartre - Versuch einer Annäherung, in: Helmut Girndt (Hrsg.), Fichte in Geschichte und Gegenwart. Beiträge zum vierten Kongress der Internationalen Johann-Gottlieb-Fichte-Gesellschaft in Berlin vom 3.-8. Oktober 2000. Amsterdam 2003, S. 193-208.

  • Otto Willmann, Geschichte des Idealismus. 3 Bde. (Braunschweig 1894-1897.) Sämtliche Werke, Bd. 8-10. Hrsg. Heinrich Bitterlich-Willmann. Aalen 1973-1979.

  • Gerd Wolandt, Idealismus und Faktizität. Berlin/New York 1971.

Modus:
Vorlesung mit mündlicher Prüfung.

Beginn: 4. März 2014.

 

Seminar, Dienstag, 15.30-17.00 Uhr, Seminarraum 4DG14, Innrain 52B

PHILOSOPHISCHE FRAGEN VON MEDIZIN UND PSYCHIATRIE

Thematik:

Das Seminar ist interdisziplinär angelegt: (1) Im Zusammenhang mit der Leib-Seele-Problematik und der Realismus-Idealismus-Kontroverse in der Philosophie sollen traditionelle metaphysische und erkenntnistheoretische Fragen im Lichte der modernen medizinischen Forschung erörtert werden. (2) Neben dieser sozusagen "empirischen" Validierung philosophischer Problemstellungen geht es um die philosophische Hinterfragung medizinischer und insbesondere psychiatrischer Theorien - und zwar in erkenntnistheoretischer, anthropologischer und ethischer Hinsicht. Dabei sollen auch Themen der Angewandten Ethik einbezogen werden.

Insbesondere werden medizinische, psychiatrische, psychologische, biologische und soziale Aspekte der Identität der Person im Hinblick auf die philosophische Frage nach dem ontologischen Status des Subjektes (Leib-Seele-Dualismus) zu erörtern sein. Hierbei geht es vor allem um eine Neubestimmung der Identitätsproblematik im Zusammenhang mit der Entwicklung der medizinischen Technik (z.B. im Bereich der Transplantationschirurgie), der Gentechnologie, des „Bioengineering“ und verschiedener Sozialtechniken. Konkret ist auch die Frage der Vereinbarkeit medizinischer Techniken und Maßnahmen mit dem Prinzip der Menschenwürde, d.h. also von deren ethischer Rechtfertigung, zu prüfen.

 

Fragen und Themenstellungen (Auswahl):

  • Philosophie und Psychiatrie bei Karl Jaspers

  • Die daseinsanalytische Forschungsrichtung der Psychiatrie (oder: Die Bedeutung der Existenzphilosophie für eine hermeneutische Psychiatrie)

  • Psychiatrie und weltanschaulicher Dogmatismus

  • Das Problem der Willensfreiheit im Spannungsfeld von Neurobiologie und Philosophie

  • Das Leib-Seele-Problem aus der Sicht der Hirnforschung

  • Die Idealismus-Realismus-Problematik im Lichte der Neurophysiologie

  • Gehirnchirurgie und Identität der Person

  • Philosophische Theorie der Schizophrenie

  • Die Technik des Klonens von Lebewesen: Worin liegt die Individualität („Personalität“) eines Lebewesens begründet?

  • Ethische und rechtliche Fragen der Gentechnologie

  • Anthropologische und ethische Fragen der Transplantationsmedizin

  • Methoden der assistierten Reproduktion und ihre Implikationen für die soziale Identität der Person

  • Die Euthanasie-Debatte im Zusammenhang mit dem Person-Begriff

Literaturhinweise:

  • F. W. ALBERT, W. LAND, E. ZWIERLEIN (Hrsg.), Transplantationsmedizin und Ethik. Auf dem Weg zu einem gesellschaftlichen Konsens. Lengerichete 21997.

  • Günter ALTNER, Gentechnologie und Bioreaktoren: Totalmanipulation oder Ehrfurcht vor dem Leben. Frankfurt a.M. 1990.

  • Götz ALY u.a., Aussonderung und Tod. Die klinische Hinrichtung der Unbrauchbaren. Berlin 21987.

  • Manfred BALKENKOHL, Gentechnologie und Humangenetik. Ethische Orientierungen. Stein a. Rh. 1989.

  • M. Pabst BATTIN, David J. MAYO (eds.), Suicide and Psychiatry, in: Suicide: The Philosophical Issues. New York 1980.

  • Kurt BAYERTZ, GenEthik. Probleme der Technisierung menschlicher Fortpflanzung. Reinbek b. Hamburg 1987.

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  • Ludwig BINSWANGER, Grundformen und Erkenntnis menschlichen Daseins. Zürich 1942.

  • Ludwig BINSWANGER, Melancholie und Manie. (Phänomenologische Studien.) Pfullingen 1960. 

  • Ludwig BINSWANGER, Ausgewählte Vorträge und Aufsätze. Bd. I, Bern 51961. Bd. II, Bern 1955.

  • Ludwig BINSWANGER, Wahn. Beiträge zu seiner phänomenologischen und daseinsanalytischen Erforschung. Pfullingen 1965.

  • Wolfgang BLANKENBURG, Die Psychotherapie Schizophrener als Ort psychoanalytisch‑daseinsanalytischer Konvergenz, in: Nervenarzt, Bd. 53, Nr. 3 (März 1983), S. 144­-149.

  • Wolfgang BLANKENBURG, Der Verlust der natürlichen Selbstverständlichkeit. Ein Beitrag zur Psychopathologie symptomarmer Schizophrenien. Stuttgart 1971. (Neuauflage: Berlin 2012.)

  • Medard BOSS, Psychoanalyse und Daseinsanalytik. Bern/Stuttgart 1957.

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  • Medard BOSS, Indienfahrt eines Psychiaters. Pfullingen 1959.

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  • Viktor FRANKL, Die Sinnfrage in der Psychotherapie. München 1981.

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  • Thomas Fuchs, Philosophische Grundlagen der Psychiatrie und ihre Anwendung, in: Die Psychiatrie, Bd. 7 (2010), S. 235-241.

  • T. FUCHS, S. MICALI, B. WANDRUSZKA (Hrsg.), Karl Jaspers Phänomenologie und Psychopathologie. Freiburg/München 2013.

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  • John HARRIS, Clones, Genes, and Immortality. Ethics and the Genetic Revolution. Oxford u.a. 1998.

  • Martin HEIDEGGER, Sein und Zeit. Tübingen 111967.

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  • C. G. JUNG, Der Geist der Psychologie. Zürich 1946.

  • Gerd JÜTTEMANN (Hrsg.), Die Entwicklung der Psyche in der Geschichte der Menschheit - Auf dem Weg zu einem integrativen Ansatz. Lengerich 2013.

  • Hans KÖCHLER, Behaviorismus und Introspektion, in: Wiener Jahrbuch für Philosophie, Bd. VI (1973), S. 91‑110.

  • Hans KÖCHLER, Die Problematik der Psychophysik. Reflexion über die psychophysische Methode innerhalb des Ganzen der Psychologie, in: Philosophia Naturalis, Bd. 15 (1974), S. 116‑132.

  • Hans KÖCHLER, The Relation of Man and World: Existential and Phenomenological Perspectives, in: Philosophy of the Social Sciences, Vol. 15 (1985), pp. 275‑286.

  • Hans KÖCHLER, The Idealistic Dimension of the Body‑Soul Problem in Husserl's Phenomenology, in: Phenomenological Realism. Frankfurt a.M./Bern/New York 1986, pp. 77‑89.

  • Hans KÖCHLER, The Problem of Reality as Seen from the Viewpoint of Existential Phenomenology, in: Phenomenological Realism, Frankfurt a.M./Bern/New York 1986, pp. 59 ‑73.

  • Hans KÖCHLER (Hrsg.), Transplantationsmedizin und personale Identität. Medizinische, ethische, rechtliche und theologische Aspekte der Organverpflanzung. Frankfurt a. M. etc. 2001.

  • Detlef B. LINKE, Hirnverpflanzung: Die erste Unsterblichkeit auf Erden. Reinbek b. Hamburg 1993.

  • Detlef B. LINKE, Die dritte kopernikanische Wende. Transplantationsmedizin und personale Identität, in: Ethica 1 (1993), S. 53-64.

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Ressourcen:

Modus:

Referat mit schriftlicher Arbeit, welche spätestens zum Ende der Lehrveranstaltungsperiode in digitaler Form (mit einem Ausdruck) abzugeben ist. Für das Referat muß ein Abstract vorbereitet werden. Eine Teilnahme ist nur im Zusammenhang mit einem Referat möglich. Für die Benotung werden neben der schriftlichen Arbeit auch das Referat und die Diskussionsteilnahme herangezogen.

Vorbesprechung: 4. März 2014.

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Privatissimum, Dienstag, 17.30-20.30 Uhr (14-tägig), ./.

Persönliche Anmeldung erforderlich!

 RECHT UND GEWALT / LAW AND VIOLENCE

πόλεμος πάντων μὲν πατήρ ἐστι, πάντων δὲ βασιλεύς,
καὶ τοὺς μὲν θεοὺς ἔδειξε, τοὺς δὲ ἀνθρώπους,
τοὺς μὲν δούλους ἐποίησε, τοὺς δὲ ἐλευθέρους.

Ἡράκλειτος

 

 

 

 

 

 

Thematik:

© Hans Köchler, 2014.

Da angesichts der Natur des Menschen das Recht nur eine "normative Zwangsordnung" sein kann, ist die Gewalt (unter Einschluß der physischen Gewalt) ein unverzichtbares Mittel seiner Durchsetzung. Im Unterschied zu den Normen der Moral führt die Nichtbefolgung von Normen des Rechts zu Sanktionen, die - je nach der geltenden Verfassungsordnung - bis zur physischen Vernichtung gehen können. Gleichzeitig ist es die vornehmste Aufgabe der staatlichen Rechtsordnung - ja letztlich die Quelle ihrer Existenzberechtigung -, die Gewaltanwendung durch Individuen oder Gruppen hintanzuhalten. Die gewaltsame Austragung von Konflikten innerhalb der Gesellschaft kann in der Realität nur dadurch verhindert werden, daß der Staat über das Gewaltmonopol verfügt. Die Fähigkeit zu dessen Durchsetzung ist geradezu ein Kriterium der Rechtsstaatlichkeit und unterscheidet ein völkerrechtlich anerkanntes Gemeinwesen von einem sog. "failed state". Trotzdem ist die normative Konsistenz in der Umsetzung des Verbotes ein bis jetzt nicht gelöstes Problem der Rechtsstaatlichkeit (vor allem im internationalen Bereich).

Das rechtsstaatliche Dilemma besteht gerade darin, daß Gewalt mithilfe des Rechts gebannt werden soll, dieses aber zu seiner Durchsetzung selbst der Gewalt - bzw. einer glaubwürdigen Drohung mit Gewalt - bedarf. Die Verfügung insbesondere über die physischen Gewaltmittel (Waffen), deren Besitz dem Einzelnen in vielen Staaten nur in Ausnahmefällen und unter strengen Auflagen gestattet ist, ist zentrale Aufgabe des Staates zum Zweck der Verteidigung des Gemeinwesens nach innen und außen. Trotz aller Lippenbekenntnisse zur Friedenspolitik bestimmt das Waffenpotential (d.h. Vernichtungspotential) eines Staates auch weiterhin ganz wesentlich seinen Handlungsspielraum bzw. Stellenwert als Akteur im internationalen Bereich.

Die rechtliche Problematik der Gewalt wird an den in der Charta der Vereinten Nationen zur Durchsetzung des zwischenstaatlichen Gewaltverbotes festgelegten Regeln drastisch offenkundig. Die Staaten mit dem zum Gründungszeitpunkt größten Macht- und Vernichtungspotential (heute allesamt Atommächte) sind - als sog. Vetomächte - de facto allein für die Durchsetzung eben dieses Gewaltverbotes verantwortlich. Aufgrund der prozeduralen Bestimmungen (Art. 27 der Charta) sind sie aber gleichzeitig immun gegen dessen Durchsetzung, sollten sie selbst einen Akt der Aggression begehen. Daß man hier - im zwischenstaatlichen Bereich - gleichsam "den Bock zum Gärtner gemacht" hat, unterstreicht einmal mehr die moralische Ambiguität der Gewalt im politisch-rechtlichen Kontext.

Das Gewaltmonopol des Staates ist nur in einem System der Gewaltenteilung* tolerierbar, da es ansonsten absolute Willkürherrschaft bedeuten würde. Tatsache ist jedoch, daß ein funktionierendes System der gegenseitigen Kontrolle schon innerstaatlich schwer realisierbar ist (da die über die Machtmittel zur Rechtsdurchsetzung verfügenden Instanzen im Konfliktfall nur schwer "diszipliniert" werden können) und zwischenstaatlich (insbesondere im Bereich der Vereinten Nationen) solange ein Wunschtraum bleiben wird, als gerade die für die Durchsetzung des Gewaltverbotes zuständigen Länder von diesem effektiv ausgenommen sind. In beiden Fällen (innerstaatlich wie zwischenstaatlich) bleibt die Zirkularität in der Durchsetzung des Verbotes eine (rechtstheoretisch) offene Frage.

* "Gewalt" wird in dieser Begriffsverbindung in einem anderen Sinn als im Terminus "Gewaltmonopol" verstanden.

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Ressourcen:

Modus:

Referat mit schriftlicher Arbeit, welche spätestens zum Ende der Lehrveranstaltungsperiode in digitaler Form (mit einem Ausdruck) abzugeben ist. Für das Referat muß ein Abstract vorbereitet werden. Die Themenliste für die Referate wird in der Vorbesprechung erarbeitet. Eine Teilnahme ist nur im Zusammenhang mit einem Referat möglich. Für die Benotung werden neben der schriftlichen Arbeit auch das Referat und die Diskussionsteilnahme herangezogen. Gute Englischkenntnisse erforderlich!

Vorbesprechung: 4. März 2014, 17.30 Uhr, im Dienstzimmer von Prof. Köchler.

N.B.: Die Anführung eines Textes bedeutet nicht, daß sich der Lehrveranstaltungsleiter mit den dort ausgedrückten Meinungen oder Wertvorstellungen identifiziert.